Diese Publikation erscheint als Dokumentation der Projekt- und Ausstellungsreihe ›Stadt-Schnitt‹, 2012. ›Stadt-Schnitt‹ ist eine Kooperation von Westwerk, Hamburg und der Hafen City Universität, Hamburg, Architektur, Bauingenieurwesen und Urban Design.

Konzeption und Planung der Reihe Stadt-Schnitt: Mario Abel, Michael Baltzer, Bernd Kniess, Lena Matheis, Christian Scheler, Klaus Schlabbach, Klaus Sill

Katalogredaktion: Mario Abel , Michael Baltzer, Madlene Heims, Klaus Sill

Unser Weg zur Schule Bei der Katharinenkirche führte einmal quer über den Rathausmarkt, durch die Altstadt zwischen den Commerzbankgebäuden hindurch, Zollenbrücke, über die Domstraße und dann stand man vor der Ost-West-Straße. Mit Kindern sowieso nur bei Grün, war die Schule nach der Querung fast erreicht. Der Eingang für die Schüler lag nicht an der Ost-West-Straße, sondern möglichst weit entfernt, direkt beim Kirchenschiff, der morgendliche Straßenlärm war hier nicht mehr ohrenbetäubend.

Wir wurden oft gefragt, ob man in der Innenstadt überhaupt wohnen könne, ob es eine Schule gäbe. Ja, es gab tatsächlich eine Grundschule in der Altstadt. Um die Katharinenkirche herum wohnten auch wesentlich mehr Menschen als auf unserer Seite der Ost-West-Straße. Hier sind Bewohner eindeutig Exoten, die sich in einem von Dienstleistern geprägtem Kerngebiet zurechtfinden müssen. Die Schule wirkte wie aus der Zeit gefallen. Als ein Relikt der Nachkriegszeit überdauerte sie viele Veränderungen um sich herum unverändert mehr als fünfzig Jahre. Ein nicht eingelöstes Versprechen an die Möglichkeit des Wohnens in der Hamburger Innenstadt.

Die Schule war für wesentlich mehr Schüler ausgelegt, als sie tatsächlich besuchten. Zuletzt hatte sie wenig Schüler aus ihrem direkten Einzugsgebiet. Ein großer Teil der Schüler kam aus weiter entfernten Wohnorten. Um in der Stadt arbeiten zu können, nutzten viele Eltern die zeitlich flexibleren innerstädtischen Betreuungsangebote für ihre Kinder, fuhren mit ihnen morgens in die Stadt und abends wieder zurück. Der glücklicherweise mögliche Besuch der Schule Bei der Katharinenkirche veränderte diese Lebensform nicht, denn nach der Schule konnten die Kinder weiterhin ihre gewohnten Räume bespielen.

Von einer Schließung war diese Schule oft bedroht, es schien einfach kein Bedarf in der Innenstadt vorhanden zu sein. Dann sollte sie geschlossen werden. Keine neuen Erstklässler mehr, ein Austrocknen von unten. Die planenden Personen haben jedoch nicht registriert, dass gerade an diesem Ort eine Keimzelle der nun wieder „Wachsenden Stadt“ entstanden sein könnte.

Ein Begriff, der den Hamburgern erst kurz zuvor als künftig geltende Leitidee der Stadtplanung vorgestellt wurde. Uns Eltern fiel es nicht schwer auf einen Zusammenhang hinzuweisen. Die Planer sahen von einer Schließung ab. Als „Schandfleck“ hatten die Schulbauten der Nachkriegszeit aber kaum die nötige Ausstrahlungskraft, um eine offene Befragung ihrer Erhaltenswürdigkeit und des Umgangs mit der Hamburger Nachkriegsarchitektur und Stadtplanung an diesem Ort zu bewirken. Der Verkauf des Schulgrundstückes und der Abriss waren einleuchtender.